Offener Brief von Rolly Brings an die AG Arsch huh 2012

 

Alle Fotos copyright by Michael Mayé (koelnphoto.de)


Liebe Kölsche,
liebe AG Arsch  huh 2012,
liebe Medien:

Warum ich am 9. November 2012
auf den 5-minütigen Auftritt mit Bänd & Fründe verzichte
und den Song QUO VADIS, COLONIA?
nicht singen werde – oder:

6 Erkenntnisse angesichts des Programms vom 9. November.

In Köln gilt: Das zweite Mal ist Tradition, das dritte Mal ist Brauchtum.
Mein Song STOP, gespielt von Brings / Köster, ist auf der Arsch-huh-CD 1992 zu hören. Mein Song SIESTA EM VEEDEL ist Teil der Arsch-huh-CD 2002 HEIMATKLÄNGE, gespielt von Brings und diversen Gästen. Mein Song QUO VADIS COLONIA ist der 14. Titel auf der Arsch-huh-CD 2012; er ist arrangiert, gespielt und produziert von Rolly Brings & Bänd & Fründe. Diesen Song haben wir der AG Arsch huh 2012 geschenkt – ein Gastgeschenk sozusagen als Geste für die um rund 100 Tage verspätete Einladung zu diesem Jubiläum.

An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal ganz herzlich bedanken bei:
Elke Schlimbach – Janko Wiegand – Markus Reinhardt – Klaus Strenge – Pete Haaser – Wolfgang Klinger – Helmut Kraus.

Nach dem Hören der neuen Arsch huh CD (mein heimlicher Favorit ist STEHT ALLE AUF von der Zeltingerband) finde ich – ganz unbescheiden (J. W. Goethe: Nur Lumpe[n] sind bescheiden!) – dass wir inhaltlich und musikalisch nicht fehl am Platze sind. QUO VADIS COLONIA dauert 5:35 Minuten.
Und da fängt das Dilemma an.

Erste Erkenntnis:

Ein Blick auf das Programm (Stand: 24. 10. 2012) zeigt, dass Rolly Brings & Bänd & Fründe als Nummer 7 für 17:44 Uhr geplant sind – mit 5 (sic!) Minuten. Das bedeutet, dass wir unseren Song auf der Bühne kürzen müssten und mir keinerlei Zeit bleibt, etwas zum Song, zur Situation oder Persönliches zu sagen – für ein Themen-Konzert völlig ungebräuchlich! Die nette Moderatorin, die uns laut Programm anmoderieren soll, wäre also völlig überfordert – denn sie hat meine Erfahrungen der letzten 20 Jahre seit dem 9. November 1992 mit Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Rassismus und sozialer Kälte nicht gemacht – und müsste somit sachbedingt allgemein bleiben – was mir wiederum nicht behagen würde, denn ich möchte schon erklären, warum ich zu diesem Anlass auftrete.
Fazit der Aufstellung von Rolly Brings & Bänd & Fründe mit 5-minütigem Zeitfenster im Programm für den 9. November 2012:

  1. Zu wenig Zeit, den ganzen Song in der live-Fassung mit wiederholtem Schluss-Refrain zu bringen, damit die versammelten Menschen auf der Deutzer Werft auch mitsingen könnten.

  2. Keine Zeit für eine persönliche Ansage.

 

Zweite Erkenntnis:

„Wer zählt die Promis, nennt die Namen …?“ (frei nach F. Schiller)
Ich bin sicher, dass alle Kölnerinnen und Kölner angesichts der auf der Deutzer Werft auftretenden Damen und Herren spontan erkennen werden: Diese Personen auf der Bühne sind alle unermüdlich und seit Jahren engagiert im Sinne dessen, wofür die AG Arsch huh – Zäng ussenander am 9. November 2012 ein- und auftritt!

Es mag an meinem speziellen, geringen Fernseh-Konsum und meiner Abneigung liegen, Kleingedrucktes und Promi-Klatsch zu lesen: Ich (er)kenne nur einige – und die mag und achte ich – seit vielen Jahren!
Sollte der Wiedererkennungswert aller Auftretenden als Engagierte für ein friedliches, soziales, gerechtes und offenes Köln nicht so wie oben beschrieben sein – dann werden all die Damen und Herren, besonders die jungen, zukünftig sicherlich daran arbeiten; und nicht nur alle Jubeljahre wieder zur Arsch-huh-Zeit, wenn wichtige Medien und großes Publikum zu erwarten sind.

Weh Euch, ihr Neonazis: Solltet Ihr noch einmal versuchen, die Kölner Innenstadt, Kalk oder Ehrenfeld zu besetzen, dann werdet Ihr zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter diese erlauchte Schar von Damen und Herren antreffen, die Euch ein „STOPP!“ entgegenschleudert, ganz ohne Publikum; nur mit ein paar hundert engagierten Menschen – und ganz ohne Presse und Fernsehen! Des‘ bin ich mir sicher.
Liebe Bänd, leev Fründe, liebes Markus Reinhardt Ensemble, lieber Klaus der Geiger, lieber Bläck-Fööss-Social-Club, lieber Gerd Köster, lieber Wilfried Schmickler: Wir werden also zukünftig Arsch-huh-2012-Promi-Verstärkung bekommen!

 

Dritte Erkenntnis:

Das Programm ist so vollgepackt und eng in seiner Zeitplanung, dass einfach kein Zeitfenster überdehnt werden kann und darf!
Und man weiß ja aus Erfahrung, dass sich die Verzögerungs-Sekunden der um 17:15 Uhr beginnenden Jubiläumsveranstaltung addieren: Aus Sekunden werden Minuten – und dann müsste man den Damen und Herren, die vor 20:15 Uhr auftreten, das Wort oder gar die Musik abschneiden, um Verspätungen wieder aufzuholen. Eine Horrorvorstellung!

Denn: Ab 20:15 Uhr findet die Fernsehen-Live-Übertragung der ARD statt. Nicht auszudenken, wenn dann die von 20:15 Uhr bis 22:00 Uhr vorgesehenen prominenten Damen und Herren unter Zeitdruck geraten würden; wenn nicht jede Moderation, nicht jede Ansage, nicht jedes persönliche Statement, nicht jede äh-äh-Sprechverzögerung live zu den harrenden Menschen im Lande käme! Das wäre furchtbar!
Denn um 22:00 Uhr ist fernsehmäßig definitiv Schluss – und ordnungsamtsmäßig auch: dann wird der Saft abgedreht! Und all die lieben VIPs und Promis kämen bei ihrer Präsentation – pardon: bei ihrem engagierten Auftreten nicht voll und ganz gebührend zur Wirkung.
Das muss verhindert werden!

 

Vierte Erkenntnis:

En Kölle liet mer keine allein!

Anders ausgedrückt:
Wat mer nit selver määt, määt keiner!
Um das oben beschriebene Schreckensszenario erst gar nicht Wirklichkeit werden zu lassen, verzichte ich auf die für Rolly Brings & Bänd & Fründe vorgesehenen 5 Minuten und mache all den engagierten, wichtigen und prominenten Damen und Herren ein wertvolles Geschenk: Zeit!
Was ich und meine Bänd & Fründe zu sagen haben, kann man auf der Arsch-huh-CD 2012 hören – jetzt eben ohne persönliches Statement.

Somit haben Rolly Brings & Bänd & Fründe Köln, der AG Arsch huh und dem Rest der Welt zwei Geschenke gemacht: den Song QUO VADIS COLONIA und 5 Minuten Zeit!

Es dat dann nix; Marie, es dat dann jar nix?

Ich bin sicher, die Welt, Köln und die AG Arsch huh werden das zu schätzen wissen.

 

Fünfte Erkenntnis:

Ich bin sicher, dass die Kölschen die Arsch-huh-Jubiläumsveranstaltung am 9. November auf der Deutzer Werft nicht als kommerzielle und mediale Selbstdarstellung der auftretenden Künstlerinnen und Künstler empfinden werden. Ich bin sicher, dass die Kölschen den VIPs und Promis am 9. November glauben werden, was sie sagen und singen.

Ich bin sicher, dass die Kölschen fest davon überzeugt sind, dass die lieben Menschen, die am 9. November auf der Deutzer Werft auftreten, auch danach vor Ort sein werden, wenn es gilt, den Neonazis den ungehinderten Zugang zu unserer geliebten Stadt zu verwehren – oder wenn es um soziale Gerechtigkeit geht.

Ich bin sicher, dass die Kölschen massenhaft die Arsch-huh-CD 2012 (Erstauflage 130 000 Stück), das Arsch-huh-T-Shirt sowie auch das Buch: Arsch huh – Zäng ussenander – Eine Stadt – Eine Bewegung – Ein Aufruf – kaufen und viel Geld bringen werden.

Ich bin sicher, dass nach einer angemessenen Zeit (so um die Jahreshälfte 2013) die Verantwortlichen der AG Arsch huh öffentlich (Internet / EXPRESS / Kölner Stadt-Anzeiger / Kölnische Rundschau) darlegen werden, wie viel Geld durch was eingenommen und wie viel Geld für was und wen ausgegeben wurde.

 

Sechste Erkenntnis:

Was meine Bänd und meine Freunde am 9. November 2012 machen werden, weiß ich nicht.
Ich werde als alter Sünder über die Stelle LK 18,9-14 des Lukas-Evangeliums meditieren, still vergnügt Christian Andersens Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ lesen und mich auf den nächsten Tag, den 10. November vorbereiten – für mich, meine Bänd, meine Freunde und die Edelweißpiraten, ein kleines Jubiläum:

Rolly Brings & Bänd & Fründe werden das 30. Mal infolge um 18:00 Uhr der Reichspogromnacht vor dem Hochbunker in der Körnerstraße – und um 19:00 Uhr am Mahnmal Bartholomäus-Schink-Straße der Ermordung der Zwangsarbeiter und Edelweißpiraten gedenken.
Ob mit oder ohne Teilnahme von Arsch-huh-2012-VIPs und Promis, wird sich zeigen.

Rolly Brings
Köln, im November 2012

Impressionen der Studioaufnahme
von "Quo vadis, Colonia"

(auf das Bild klicken)

 

 

"Quo vadis, Colonia?" fragen Rolly Brings und Musiker

Video:
Köln, 12.09.12: Wo geht die Reise mit unserer Stadt hin?
Die Frage stellen sich viele. Rolly Brings hat sie zusammen mit
Musiker-Kollegen aufgegriffen und gemeinsam wird nun für
"Arsch huh" auf der Deutzer Werft geübt.

Hier das Video ansehen:

 

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