" Die Folter spürt er weiter

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KÖLNER STADT-ANZEIGER / 24. Juli 1987 / QUER DURCH KÖLN

Die Folter spürt er weiter

Wieder bei der Familie – Lehrer Sakir Bilgin dankt Freunden

Mit heiserer Stimme und sichtlich bewegt bedankte sich gestern der Türke Sakir Bilgin bei seinen Kölner Freunden. Vier Jahre nach seiner Verhaftung in Istanbul ist der Hauptschullehrer jetzt nach Köln zurückgekehrt. Drei Jahre verbrachte Bilgin, dem in der Heimat die Mitgliedschaft in einer verbotenen Organisation vorgeworfen wird, in türkischen Militärgefängnissen.

Diese Zeit ist nicht spurlos an ihm vorübergegangen. An den Schläfen des heute 37jährigen zeigen sich erste graue Haare, und ihn plagen Rückenschmerzen als Folge erlittener Folterungen. Das Wissen um die Solidarität seiner Kölner Freunde, so erzählt er, habe ihm und seinen Mitgefangenen während der Haft Mut gemacht.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft schickte fünf Delegationen in die Türkei, um den Prozess, der noch andauert und in dem neben Bilgin 1300 Angeklagte vor Gericht stehen, zu beobachten. Die Bläck Fööss  und Bilgins Freund Rolly Brings finanzierten einen Teil der Reisen mit Solidaritätskonzerten.

Während Bilgin von den unmenschlichen Haftbedingungen berichtet, wirkt sein Gesicht bitter. Seine Freude und Erleichterung, freigekommen und wieder bei Frau Necla und Sohn Deniz zu sein, wird getrübt durch die Erinnerung an das Erlittene und den Gedanken an die vielen Tausend anderen politischen Gefangenen, die noch immer in türkischen Gefängnissen sitzen.

Für deren Freilassung und eine demokratische Verfassung in seiner Heimat will Bilgin sich nun einsetzen.

 

Text unter Bild (Holubovsky):

Nach drei Jahren Haft in der Türkei ist Sakir Bilgin wieder bei seiner Frau Necla und Sohn Deniz.

 

CM

 

 

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