Booklet Heimatklänge
(c) by Stephan Brings

ARSCH HUH, ZÄNG USSENANDER – GEGEN RASSISMUS UND NEONAZIS – pirate records – BRINGS & GÄSTE – Booklet – VON STEPHAN BRINGS - 2002

BRINGS & Gäste: Siesta em Veedel

Unser erstes Anliegen bei der 10-Jahres CD von „Arsch huh“ ist, einen Fehler, den wir im November 1992 gemacht haben, wenigstens ein Stückchen weit wieder gut zu machen. Die Entstehung der AG war ja so was wie eine Sturzgeburt ohne Wehen. Ich habe damals einen Anruf von Karl Heinz Pütz bekommen, der mich bat, am nächsten Mittag wegen einer dringenden Angelegenheit in den Kölner Stadtgarten zu kommen. Wir waren zu der Zeit gerade in der Nähe von Stuttgart auf Tour und ich bin nach dem Gig sofort mit dem Zug nach Hause geeilt.

Die ganzen „altgedienten“ Musiker der Stadt waren versammelt und es wurde überlegt, wie eine Kölner Reaktion auf die rassistischen Umtriebe im Land aussehen könnte. Es war ein gutes Gefühl, dass alle Anwesenden und heutigen AG-Mitglieder das gleiche Bedürfnis hatten: diese Lethargie und Sprachlosigkeit nach den Anschlägen von Solingen und Mölln zu durchbrechen.

Die ganze Sache stellte sich sehr einfach dar, da wir uns alle untereinander kannten und sich niemand zur Sache erklären musste. Es gab keine Probleme aufgrund politischer Differenzen. Da war nur das Bedürfnis, den Arsch hoch und das Maul auf zu bekommen.

Für uns als Band, die es gerade mal zwei Jahre lang gab, war die Einladung, bei dieser Aktion mitzumachen, so was wie ein „kölscher Ritterschlag“.

Wenn ich mich an diese Zeit erinnere, kommen mir immer wieder Bilder von Konzerten, Festivals oder Tonstudios in den Kopf. Wir waren voll und ganz damit beschäftigt, zu kapieren, was mit uns geschah. Das Musikerleben, das wir uns immer so gewünscht hatten, sah dann doch etwas anders aus. Es hatte sich ein alter Spruch bewahrheitet: Für deine erste Platte hast du mehrere Jahre Zeit, was das Schreiben von Liedern angeht. Für deine zweite bleibt dir dann vielleicht ein Jahr, in dem du aber auch auf Tour bist. Wir einigten uns darauf, dass jeder versuchen sollte, einen Song für die Arsch-huh-CD beizusteuern. Wir waren sehr froh, dass wir den Text „Stopp“ von Rolly Brings vertonen konnten. Wir haben die Nummer in einer Nacht- und Nebelaktion zusammen mit Gerd Köster aufgenommen.

Bei all diesen aufregenden und unter Zeitdruck stehenden Aktionen ist uns allen wohl eine Sache aus dem Ruder gelaufen: Ich habe damals keinen Gedanken daran verwendet, dass einige Leute in der Stadt schlicht übergangen worden sind. Dass wir als BRINGS hier auf diesen Umstand eingehen, hat natürlich viel mit den letzten beiden Jahren zu tun.

Es muss für einige Kölner Musikerkollegen sehr bitter und enttäuschend gewesen sein, nicht in diese Aktion und die spätere Arbeitsgemeinschaft einbezogen worden zu sein. Heute kennen wir viele dieser Kollegen durch unsere Auftritte im Karneval. Wir haben mit den meisten auch über die AG gesprochen und wissen, dass alle die Haltung und Aussagen von „Arsch huh“ gutheißen und damals gerne dabei gewesen wären.

Mit der Aufnahme von „Siesta em Veedel“ wollen wir nun versuchen, diesen Fehltritt wettzumachen. Wie vor zehn Jahren covern wir auch dieses Mal ein Lied von Rolly Brings. Er hat es schon des öfteren live mit uns gespielt. Hier ist nun unsere Version. Wir haben gedacht, zu dem Albumtitel „Heimatklänge“ gehört auch die Beschreibung eines kleinen Stückchens Heimat hier in Köln.

„Siesta em Veedel“ beschreibt einen ganz normalen Mittag im Veedel rund um den Rathenauplatz. Hier leben Menschen, deren Wurzeln über den gesamten Erdball verteilt sind. Hier treffen Kulturen und Religionen und nicht zuletzt auch Geld und „haste mal ’nen Euro“ zusammen. Vor allem ist die jüdische Vergangenheit (und Gegenwart) noch immer zu spüren. Nicht zuletzt durch die Gegenwart [der Synagoge und] der vielen „Stolpersteine“.

Zusammen mit den Sängern der PARAPLÜS (Andreas Schaal), PAVEIER (Micky Brühl), SCHMITZ (FM Willzil), BLÄCK FÖÖSS (Erry Stoklosa) und RÄUBER (Karl Heinz Brand) haben wir im Studio der PAVEIER (vielen Dank noch mal) und im „Studio 25“ von Dirk Baldringer aufgenommen. Dirk Baldringer hat auch abgemischt und gemastert (... auch hier noch mal vielen Dank!).

Es war uns eine echte Freude, dass alle Gastsänger ohne eine Sekunde zu zögern zugesagt haben und jetzt mit uns zusammen auf diesem Stück Kölner Musik verewigt sind.

Stephan Brings

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