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big Magazin Ausgabe 2/2014 – Nr. 86 – ISSN 2195-6464
Unabhängiges Magazin der big für Bickendorf, Ossendorf und Vogelsang

Brings: Eine kölsche Familie erzählt von ihren Bickendorfer Wurzeln

Wurzeln und neue Richtungen

Die Natur macht es uns vor:
Hat ein Baum gesunde Wurzeln, entwickelt er ständig neue Triebe und wächst mit seinen Ästen, Blüten und Blättern in viele Richtungen.
So ähnlich scheinen sich auch menschliche Biographien zu gestalten.
Exklusiv für das big Magazin erinnern sich Rolly und Peter Brings, Vertreter einer der bekanntesten Kölner Musikerfamilien, gerne an ihre Bickendorfer Wurzeln.
Denn Peter und Stephan Brings, die heute mit der gleichnamigen Kultband große Erfolge feiern, haben das erste Jahrzehnt ihres Lebens im Kölner Nordwesten verbracht und dort erstmals ihre Liebe zur Musik entdeckt.
(…)

Brings: Eine kölsche Familie mit Musik im Herzen
Exklusiv im big Magazin erzählen Rolly und Peter Brings von ihren Bickendorfer Wurzeln

In einem gemütlichen Café sitzen sie an einem Tisch zusammen, vor sich einen Stapel mit alten Familienbildern ausgebreitet.
Viele Sätze beginnen mit : "Erinnerst Du dich noch daran?"
Exklusiv für das big Magazin haben Vater Rolly und Sohn Peter Brings als Vertreter einer der bekanntesten Kölner Musiker-Familien ihr ganz privates Foto-Album geöffnet und gehen gemeinsam auf Spurensuche in die Vergangenheit.
Denn die Familie Brings hat Bickendorfer Wurzeln.
Schon die Großeltern Margarethe Apollonia und Hermann Brings lebten in den 50er Jahren in der Herbigstraße, die damals noch zu Bickendorf gehörte.
Frisch verheiratet zogen dann auch Vater Rolly und Mutter Dietlinde Brings im Jahr 1964 in eine GAG Wohnung an die Ecke Venloer Straße und Äußere Kanalstraße.
Als am 8. September 1964 Peter Brings zur Welt kam, wurde er noch im selben Monat in der Rochuskirche von Pastor Brüning im Kreise der Familie getauft.
Nur zwei Jahre später siedelte die kleine Familie, die durch die Geburt von Sohn Stephan im Jahr 1965 verstärkt wurde, in eine Wohnung am Akazienweg um.
Da zwischenzeitlich Tochter Maria geboren worden war, brauchte die Familie mehr Platz und zog, bevor sich die Eltern im Jahr 1974 schließlich trennten, noch in eine größere Wohnung am Weißdornweg.

"Mer sin Kölsche us Bickendorf,
da kommen wir her."

"Ich habe hier meine Kindheit verbracht, da prägt einen so ein Veedel", betont Peter Brings.
Auf die Frage, was die Kindertage ausgezeichnet hat, brauchen Vater und Sohn nicht lange zu überlegen.
"Wir hatten alle Freiheiten und trafen uns immer draußen mit unseren Freunden zum Spielen", erzählt Peter Brings.
"Da konnte es auch vorkommen, dass wir Euch beim Nachbarn auf einem Dach wiedergefunden haben, weil ihr über eine Luke raus geklettert seid. Manches Mal ist mir das Herz fast stehen geblieben", erinnert sich sein Vater mit einem Schmunzeln.
Doch die Zeit des ungezwungenen "Herumstromerns" möchte Peter Brings, der selbst drei Kinder hat, nicht missen.
"Damals war es natürlich bei Weitem nicht so gefährlich mit dem Verkehr wie heute und wir hatten bis zum Umzug in den Weißdornweg keinen Fernseher.
Da haben wir halt ständig nur mit unseren Freunden zusammengehangen."
Aber der Höhepunkt jeder Woche war für die Kinder die Zeit, die sie mit ihrem Vater am Wochenende verbringen durften.
Ganz nach dem damals populären Slogan des DGB zur Einführung der 5-Tage-Woche "samstags gehört Vati mir".
Im Sommer zogen die Kinder dann gemeinsam mit Vater Rolly auf das Vogelsanger Schuttfeld an der Venloer Straße.
Dort wurde viel Fußball gespielt und am Lagerfeuer musiziert, wobei allerdings auch einmal das Feld fast in Brand geriet.
"Leider musste ich oft Klassenarbeiten mitnehmen und korrigieren.
Aber das Wichtigste war eben, ich habe Zeit mit meinen Kindern verbracht.
Und konnte einschreiten, wenn sie unsere kleine Maria wieder beim Indianerspielen an den Marterpfahl gebunden hatten", erzählt Rolly Brings, der sich mit großem Engagement nach einer Lehre als Maschinenschlosser zum Lehrer weiter bildete und schließlich Englisch, Deutsch und Gesellschaftslehre unterrichtete, zuletzt an der Gesamtschule Weilerswist.
Auf die Frage, ob die Kindheit in Bickendorf in irgendeiner Form Einfluss auf ihr heutiges Leben genommen hat, betont Peter Brings: "Sicher wurde in dieser Zeit das Fundament für unsere Karriere als Musiker gelegt.
Schon mein Opa [Hermann] gab mir eine Mandoline, die ich dann mit Händen und Füßen traktiert habe."
Sein Vater ergänzt: "Wenn die Kinder eigentlich im Bett sein sollten, habe ich Freunde eingeladen und mit ihnen in der Küche Musik gemacht.
Da dauerte es nicht lange und die Kinder waren mittendrin.
Denn wo Musik gemacht wird, da fühlen [sich Kinder] doch heimisch und wohl."
Die Liebe zur Musik pflegte Rolly Brings auch nach der Scheidung von seiner ersten Frau Dietlinde und prägte damit ebenso seinen jüngsten Sohn Benjamin Brings aus zweiter Ehe, der heute in verschiedenen Formationen Bass und Gitarre spielt, selber Liedtexte schreibt, komponiert und singt.
Da sie alle heute nicht mehr in Bickendorf leben, aber den Vergleich zu früheren Zeiten haben, stellt sich die Frage, wie das Veedel heute auf sie wirkt.
"An vielen Ecken ist der Charme des gewachsenen Viertels immer noch zu spüren und die Erinnerungen werden lebendig", faßt Rolly Brings seine Eindrücke zusammen.
Peter Brings bewegen eher die aktuellen Probleme: "Die vielen Sanierungen im Veedel sind zwar schön und gut, aber die Anwohner können dann oft nicht mehr die Miete zahlen und müssen wegziehen.
Das ist schon ein Trauerspiel!"
Kurz vordem Abschied geben uns die beiden noch mit auf den Weg, was ihnen wichtig ist: "Mer sin Kölsche us Bickendorf, da kommen wir her."

Claudia Wingens

 

Venloer Stroß

Die Sonn em Weste molt d'r Himmel rut.
Venloer Stroß, dich jing ich allt als Puut.
Vum Milli bes noh'm Freeseplatz wors du ming Kinderwelt.
Kei Huus he, dat meer nit jet verzällt.

Met singer Kar vörm Neptun-Bad, do stund die MüllersAap;
un hammer för in 'Aap' jesaat, dann kom hä schwer en Fahrt.
Beim Strühhot hammer Ies jekauf. Do wood mer nit betupp.
Un rickten ens die Jrosche nit, laat hä e Bällche drop.

Des Sonndachs, öm 11 Uhr jing et dann
noh'm Helios. Dat wor jlich nevvenan.
Mer soche James Dean, Lex Barker un John Wayne,
un wie die Cowboys stelzte mer dann heim.

Venloer Stroß, du wors för uns 'High Noon'.
D'r Strühhot wor Treffpunk un Saloon.
Un resse die vum Subbelroth ehr Braatsche ze wick op,
dann wor Zappes – dann jov et e paar drop.

Wo et Schwemmbad hingerm Kapellche stund,
do wor ne Kirmesplatz.
Dem Eimermacher wor si Büdche mih wät wie ne Schatz.
För uns wor et e Jroschejrav; am Flipper wood jespillt.
E Freispill wor nor selde dren – dat Dinge wood mihts jetillt.

Venloer Stroß, du wors uns 'Rock'n Roll'.
Met Schaschlik-Schohn, met Entefott un Toll;
met Blue-Jeans, die woote mem Schohnlöffel anjepass,
jing et am Samsdach af noh'm Jlaspalass.

Eck Höttestroß, wo hück et Mahnmol vörm Verjesse schötz,
han ich met Zidder en de Kneen et eeschte Mol jebütz.
Un Ovends dann, om Alpener Platz, wood jefummelt – ävver wie!
Un jov et jet ze bichte, jing ich noh'm Hieronymie.

Venloer Stroß, du bes ne heiße Danz.
Vill han dich, ävver kei Minsch hät dich janz.
Dat Volk, dat ich hück sin, dat kütt vun noh un fän:
Dat sin ming Lück – un all hammer dich jän.

Venloer Stroß, du rusjeputz Madamm.
Ahl Mädche, wat es an dir nor dran?
Du rüchs noh Bier un Fritte, noh Auspuff un Kebap.
Venloer Stroß, du häs mi Hätz jeschnapp.

(© Lied von Rolly Brings aus dem Jahr 1992.
[Zu hören auf der CD "Sonnebrell" von Rolly Brings & Bänd])

Steckbrief

Rolly Brings
(Musiker und Texter)

- 1943 geboren und in Köln aufgewachsen
- mit 14 Jahren verließ er seine Familie und fuhr zur See
- nach der Rückkehr zunächst Hilfsarbeiter
- Lehre als Maschinenschlosser bei Ford
- im Rahmen der Begabtenförderung erhält er die Zulassung zum
  Pädagogik-Studium
- 1968 bis 1969: Aufbau der Emmaus-Gemeinschaft
  in Köln-Bocklemünd
- Lehrer für Englisch, Deutsch, Deutsch für Ausländer und
  Gesellschaftslehre; zuletzt an der Gesamtschule Weilerswist
- ist verheiratet und hat vier Kinder:
  Peter, Stephan, Maria und Benjamin
  und sieben Enkelkinder:
  Charlotte, Niklaas, Lukas, Simon, Louis, Emil und Lilli

Künstlerische Laufbahn

Von 1980 bis 1990 trat Rolly Brings zusammen mit seinen Söhnen Peter und Stephan und dem viel zu früh verstorbenen Karl Schreiber auf.
Seit 1986 veröffentlicht Rolly Brings, der aktiver Gewerkschafter war, Konzept-Alben zu politischen Themen, Menschen aus dem Arbeitermilieu und historischen Ereignissen wie die 1848er März-Revolution.
Seit Jahren tritt er mit Wolfgang Klinger (Gitarre), Helmut Kraus (Bass) und neuerdings auch mit Klaus Strenge (Gitarre) unter dem Namen "Rolly Brings & Bänd" auf.
Ebenso veranstaltet er Lesungen mit Musik mit eigenen Texten:
Lück sin och Minsche
coLOGneBUCH II
Grimms Märchen auf Kölsch
Das Evangelium auf Kölsch
Im Frühjahr 2008 spielte Rolly Brings eine Nebenrolle in dem Independent-Film Hotep, der teilweise in Köln gedreht wurde.

Ehrungen

[Für die Wahrung und Förderung der Kölner Mundart erhielt
Rolly Brings 1997 den Severins-Bürger-Preis.]

Für sein Eintreten gegen Rassismus wurde Rolly Brings im Mai 2007 zusammen mit den Edelweißpiraten Gertrud Koch, Jean Jülich und Peter Schäfer vom Landschaftsverband Rheinland mit dem Rheinland-Taler ausgezeichnet.

Im Jahr 2012 erhielt er den Giesberts-Lewin-Preis der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit e. V. für seinen engagierten Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung.

Weitere Infos unter www.rollybrings.de

Peter Brings
(Gründungsmitglied und Frontman der Kultband Brings)

- am 8. September 1964 in Köln geboren
- 1990 gründete er mit seinem Bruder Stephan und weiteren
  Musikern die Band "Brings"
- Er ist verheiratet und hat drei Kinder:
  Lukas (geboren 1996), Louis (geboren 1998) und Tochter Lilli
  (geboren 2008)

Künstlerische Laufbahn

Im Jahr 1990 wurde die Kölner Band "Brings" von den Brüdern Peter und Stephan Brings sowie von Harry Alfter und Matthias Gottschalk gegründet.
Heute besteht sie aus den ersten drei Gründungsmitgliedern sowie Christian Blüm, dem Sohn des Politikers Norbert Blüm, und Kai Engel, dem Sohn des Gründungsmitglieds der Bläck Fööss Tommy Engel.
Zunächst machte sich die Gruppe einen Namen als Rockband bis zu ihrem Durchbruch mit dem Song "Superjeilezick" im Jahre 2001.
Dann änderte die Band ihren Stil und trat auch im Kölner Karneval auf.
Weitere Superhits folgten wie "Poppe, Kaate, Danze" oder "Nur nicht aus Liebe weinen", so dass sie heute zu den Top-Stars der kölschen Musikszene zählen.
Zum 20-jährigen Bestehen der Band gab die Gruppe am 16. Juli 2011 im ausverkauften Kölner Rhein-Energie-Stadion vor 50 000 Zuschauern ein Open-Air-Konzert.
Brings setzt sich auch für politische Ziele ein.
Bekanntestes Beispiel ist die AG Arsch huh mit dem dazugehörigen Konzert auf dem Kölner Chlodwigplatz im Jahr 1992 vor mehr als 100 000 Zuschauern.

Weitere Infos unter www.brings.com

[Texte unter den Fotos von Stefan Wittlin und der Familie Brings]:

Im Idealfall ist die Familie Trampolin und Sprungtuch in einem.

1965 – Vater Rolly mit Sohn Peter auf der Wiese an der Äußeren Kanalstraße

1964 – In St. Rochus wurde Peter Brings im Kreis der Familie getauft (v. l.): Küster, Pastor Brüning, Rolly Brings, Dietlinde Brings, Hermann Brings mit Peter, Margarethe Apollonia Brings

1966 – Peter Brings in der Wohnung der Familie im Bickendorfer Akazienweg

2014 - Peter (links) und Rolly Brings

www.bickendorf.info

 

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