„Bläck Fööss,
Höhner & Co feierten den 8. Mai"
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EXPRESS Köln von seiner schönsten Seite Dienstag, 9. Mai 1995 Bläck Fööss, Höhner & Co feierten 8. Mai Über 30 kölsche Stars beim Fest der Befreiung“Von INGE WOZELKA Gestern auf dem Alter Markt: Rund 8000 Menschen feierten das Fest zur Befreiung von Nazidiktatur und Krieg. Ein Abend der leiseren Töne, der Nachdenklichkeit und des Miteinanders. Initiator Rolly Brings betrat
kurz nach 19 Uhr als erster die Bühne. "Dieser Abend ist die Antwort
auf das, was die Idioten in Lübeck*) veranstaltet haben", ruft
er ins Mikrophon. Und: Bei uns en Kölle läuf dat nit“. "Jenau"“
schallt es aus der Menge zurück. Es ging Schlag auf Schlag:
Im Abstand von 10 Minuten standen immer wieder andere Künstler auf der
Bühne. Kaum waren die letzten Akkorde des Four Reeves-Hits "Hackevollgas"
verklungen, standen schon die Bläck Fööss neben ihnen. Gemeinsam sangen
sie das -schon im Millowitsch-Theater erprobte - "Melting-Pot".
Dann folgten "Usjebomb" und "Trizonesien“". „"Ein richtiger
Gänsehaut-Abend", meint Martina Thimm (22). "Ich hoffe, daß
wir nie wieder einen neuen Tag der Befreiung feiern müssen“". Ausgelassene Freude wich
immer wieder besinnlicher Stille: Bei den Berichten von Miguel Freund
(Synagogen-Gemeinde Köln), der von der Befreiung seines Vaters aus dem
KZ Dachau erzählte. Bei den Schilderungen des Ex-Edelweißpiraten Jean
Jülich über seine Inhaftierung in Brauweiler und die Misshandlung durch
die Gestapo. „"Bei solchen
Schilderungen wird mir ganz mulmig“", meinte Drucker Wolfgang
Fellmer (50). "Meine Familie lebte am 8. Mai 1945 in Berlin, hat
den Einmarsch der Russen miterlebt. Für uns war das damals wirklich
der Tag der Befreiung". Leise Töne auch von den Paveiern
und den Höhnern: Egal ob "Trümmerfrau" oder "Wann jeit
d´r Himmel widder op" - die kölschen Stars trafen den Nerv
des Publikums: Da wurde mitgesungen, da wurde der Nachbar zum Schunkeln
untergehakt. Und da war immer genug Raum für Besinnlichkeit: Als Dirk
Bach oder Hella von Sinnen Brechts "An die Nachgeborenen"
und Ringelnatz` "Zivilcourage" vortrugen, war es mucksmäuschenstill
auf dem Alter Markt. Und natürlich durfte auch
das Arsch-huh-Lied nicht fehlen: Gemeinsam mit Nik Nikitakis schallte
es kurz nach 23 Uhr aus 8000 Kehlen. Bildtext 1: Sangen gemeinsam
das Anti-Rassismus-Lied „Melting Pot : Die Four Reees und die Bläck
Fööss. Bildtext 2: Machte das Fest
möglich: Rolly Brings Bildtext 3: Rund 8000 Kölner
feierten das Fest der Befreiung auf dem Alter Markt. Bildtext 4: Gänsehaut: Martina
Thimm Bildtext 5: Drucker Wolfgang
Fellmer Bildtext 6: Sangen „No
Man s Land : Anne Haigis und Klaus Spangenberg *)
Rassistischer Brandanschlag in Lübeck 2005 |