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Och dat mi Hätz es Kölsch
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Das Magazin für Folk, Lied und Weltmusik Folker!
28. März 2004

Rolly Brings
Och dat, mi Hätz, es kölsch
Auch das, mein Herz, ist kölsch
gesammelte Texte 1971 bis 2002
 
Verlag Landpresse Weilerswist 2004
Herausgegeben von der Akademie för uns kölsche Sproch
Buchpräsentation im KOMED-SAAL,
MEDIA-PARK Köln
28. März 2004

 



In letzter Zeit war es still geworden um den Kölner Liedermacher Rolly Brings, der seit vielen Jahren mit seiner "Bänd" ein wichtiger, aus der Kölner Musikszene nicht wegzudenkender Faktor war. Die anfangs folkigen Arrangements seiner Songs entwickelten sich, einhergehend mit einigen Besetzungswechseln der Bänd, in Richtung Rock, Bar-Blues und Jazz. Auch die Themen seiner Songs wurden komplexer. Er setzte sich in wortgewaltiger und poetischer Sprache in kölscher Mundart mit politisch brisanten Themen auseinander. Antifaschistische Lieder waren schon immer fester Bestandteil seines Repertoires, in den letzten Jahren widmete er sich verstärkt der deutschen Nachkriegsgeschichte mit hochdeutschen Liedtexten, die in das Werk logbuch eins (ebenfalls Verlag Landpresse Weilerswist, erschienen 2000) mündeten. Er arbeitete die Auswirkungen der Revolution von 1848 in Köln auf, veröffentlichte einen Liedzyklus über Gemälde im Kölner Museum Ludwig und begann, Lyrik von Böll, Apollinaire und Bukowski in die kölsche Mundart zu übertragen.

Irgendwann, irgendwie waren Rolly Brings und Bänd dann buchstäblich "sang- und klanglos" von der Szene verschwunden. Gelegentlich trat Rolly Brings mit seinem jüngsten Sohn Benjamin Brings (Gitarre, Bass, Gesang) im Duo auf, aber ansonsten herrschte Funkstille. Bis zum 28. März 2004. Köln, Mediapark, Komed-Saal: Rolly Brings lädt zur Präsentation seines Buches Och dat, mi Hätz, es kölsch. Sein jüngstes Werk wurde so sehr auf den letzten Drücker fertig gestellt, dass Ralf Liebe vom Verlag Landpresse Weilerswist darum bat, die Bücher vor Gebrauch möglichst ein paar Tage liegen zu lassen, um der Farbe des knallroten Einbandes noch Gelegenheit zu geben, richtig zu trocknen. Beinahe wäre der 512 Seiten starke Wälzer, der sämtliche gesammelten Texte von 1971 bis 2002 in synoptischer Fassung (Kölsch / lineare Übertragung ins Hochdeutsche) enthält, gar nicht erschienen. Der Weg war dornig: Zunächst musste Brings seine Lyrik der letzten 30 Jahre sichten und ordnen und dann "dä janze Krom" ("den ganzen Kram", Brings) noch mal neu tippen - in den Computer, zwecks elektronischer Textverarbeitung. Als im vergangenen Jahr das Computervirus "Bugbear" zuschlug, war die gesamte Arbeit verloren. Dass das Buch überhaupt erscheinen konnte, ist der Risikobereitschaft des Landpresse-Verlages zu verdanken, der sich kurzfristig bereit erklärt hatte, das sehr schön ausgestattete, fadengeheftete Buch zu veröffentlichen, nachdem ein großer katholischer Verlag in Köln trotz Zusage die Veröffentlichung aufgrund inhaltlicher Differenzen kurzfristig gekippt hatte. An dem Text "Voyeure" (durch Max Ernsts Gemälde "Die Jungfrau züchtigt das Jesuskind vor drei Zeugen: André Breton, Paul Eluard und dem Maler" inspiriert) schieden sich die katholischen Geister wegen angeblicher Kirchen- und Frauenfeindlichkeit. Ein völlig schwachsinniger Vorwurf - wie man durch einfaches Lesen des aus dem "Museum"-Zyklus stammenden Textes hätte herausfinden können. Änderungen oder Streichungen lehnte Brings ab. Im Buch sind die Gemälde abgebildet, die Brings zu den Texten inspiriert haben - es urteile also ein jeder selbst.

Rolly Brings war schon immer ein im besten Sinne unbequemer Zeitgenosse, der sich von nichts und niemandem davon abhalten lässt, in seinen Texten unbequeme Wahrheiten auszusprechen und Partei zu ergreifen. Als Querdenker hat er auch immer wieder die Konfrontation mit den Dogmen der Akademie för uns kölsche Sproch gesucht, die sich als Gralshüter der kölschen Dialekt-Grammatik sieht und "Empfehlungen" für die richtige Schreibweise kölscher Vokabeln ausspricht, wie Brings vor seiner Lesung launig zum Besten gibt. Diesen Regeln folgt die Rechtschreibung des Buches (wie explizit vermerkt) nicht. Dass der kölsche Liedermacher selbst inzwischen bei aller weiterhin klar geäußerten Kritik seinen Frieden mit der im Grunde wichtigen Arbeit der Institution gemacht hat, wird durch die Tatsache belegt, dass Jupp Schmidt, der Baas der Akademie das Buch herausgegeben hat.

Die Buchpräsentation zeigte eine neue Facette des Rolly Brings, der diesmal nicht als Sänger, sondern als Rezitator seiner Lyrik eine neue Dimension verlieh. Bei seinem Vortrag war die ungeheuere Bühnenpräsenz wieder spürbar, die Brings bereits als Sänger ausgezeichnet hat, und so verging die etwas mehr als einstündige Lesung wie im Fluge. Zum Abschluss der Präsentation spielten nicht wie angekündigt Rollys Söhne Peter und Stephan mit ihrer Rockgruppe BRINGS, die kurzfristig abgesagt hatten. Stattdessen spielte Rolly Stücke aus seinem Repertoire mit der aktuellen Besetzung seiner Bänd, die zur Zeit aus ihm selbst, seinem Sohn Benjamin Brings und dem Gitarristen Wolfgang Klinger (akustische Gitarre) besteht. Dieses Mini-Konzert mit wieder deutlich folkigen Elementen machte Appetit auf mehr.

Bleibt zu hoffen, dass Rolly Brings nach der Herausgabe seines Buches wieder mehr Zeit haben wird, sich als Liedermacher zu präsentieren. Bis dahin empfehle ich die Lektüre seines Buches. Ulrich Joosten

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