04.Oktober.2004
(Bildunterschrift: Aufmerksam lauschte das Publikum im Dicken Turm des
Stadtmuseums den Geschichten von Rolly Brings. Der 60-Jährige gab tiefe
Einblicke in sein bisheriges Leben. Bild: Jürgen Feibig)
DIE FRAU UND DER REST DER WELT
Lesung mit Rolly Brings im Dicken Turm des Stadtmuseums Der Liedermacher
erzählte aus den vergangenen drei Jahrzehnten Euskirchen - Der Mann, der
sich unüblicherweise hinter einem Stehpult befand, hatte was zu erzählen.
Und was er aus den vergangenen drei Jahrzehnten erzählte, war mit so viel
Lebendigkeit angefüllt, dass es ihm wohl unmöglich schien, dies im Sitzen
zu tun. Die Rede ist vom kölschen Liedermacher Rolly Brings, einem jung
gebliebenen 60-Jährigen mit viel Elan und ungewöhnlichem Werdegang. Einst
befuhr er die Weltmeere, arbeitete als Lumpensammler und Maschinenschlosser.
Heute gehört er zum Lehrpersonal der Weilerswister Gesamtschule und organisiert
seit sechs Jahren die Kulturveranstaltungen der Arbeitsgemeinschaft "fifty-fifty".
Im Dicken Turm des Stadtmuseums las Brings am vergangenen Freitag vor
drei Dutzend Zuhörern aus seiner Textsammlung "Och dat, mi Hätz, es kölsch",
deren Herausgeber die "Akademie för uns kölsche Sproch" ist. Seine Lesung,
die ursprünglich im größeren Saal des Alten Rathauses stattfinden sollte,
hätte mehr Zuhörer verdient gehabt. Der Autor zeigte sich jedoch wegen
der relativ kleinen Gästeschar durchaus nicht betrübt, sondern genoss
"die intime Atmosphäre und das hervorragende Ambiente" des kleinen Saals
im Dicken Turm. Während seines gut einstündigen Vortrages gab Brings tiefe
Einblicke in sein bisheriges Leben und seine Gedankenwelt. "Die Frau und
der Rest der Welt" standen häufig im Vordergrund. Dabei machte er sich
Gedanken, warum "Gott die Frau ausgerechnet aus einer Rippe des Mannes
erschaffen hat. War denn nichts Besseres da?" Auch ein Gemälde von Max
Ernst, auf dem die Mutter Gottes dem Jesus-Kind den nackten Hintern versohlt,
oder eine als "Katzenfresserin" titulierte, bemitleidenswerte alte Dame
aus seiner Kindheit, animierten ihn zu manch kuriosen Gedankengängen.
Brings, der einige Texte musikalisch gemeinsam mit seinem Sohn Benjamin
begleitete, bot den Besuchern eine gute Stunde lang ausgezeichnete Unterhaltung.
Die Zuhörer dankten es ihm mit reichlichem Beifall. (jf)
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