17. November 2004
KÖLNER WOCHENSPIEGEL - 41. Jahrgang - 47. Woche - 17.
November 2004 "Edelweißpiraten, die sind treu"
Gedenkfeier für hingerichtete jugendliche Widerstandskämpfer der NS-Zeit
Ehrenfeld - Bürger, Künstler (wie Rolly Brings) und
Vertreter der Stadt, unter anderen Josef Wirges (Bezirksvorsteher) und
Regierungspräsident Jürgen Roters, trafen sich an der ehemaligen Synagoge
(Körnerstraße), um gemeinsam an [die Pogromnacht 1938 und] das tragische
Schicksal der Edelweißpiraten [1944] zu erinnern.
Nach einer kurzen Ansprache von Miguel Freund von der Synagogengemeinde
sang Rolly Brings mit seinem Sohn Benjamin [das Lied "David"]. Mit Plakaten
wie "Nie wieder Nazis" und "Nie mehr Faschismus" setzte sich dann der
Lichterzug zur Batholomäus-Schink-Straße, der Hinrichtungsstätte der Edelweißpiraten,
in Bewegung. Dort angekommen, empfing ein Bühnenprogramm mit bekannten
Kölner Liedermachern und der Polizei-Hip-Hop-Band (PI 4) die Menschen.
Josef Wirges eröffnete das Bühnenprogramm mit einem Appell an die Regierung:
"Wir wollen, dass die Edelweißpiraten offiziell als Widerstandskämpfer
anerkannt werden. Sie werden teilweise immer noch als 'normale Verbrecher'
dargestellt".
Im Januar 2005 findet diesbezüglich ein Kongress statt, wo Historiker
und Wissenschaftler weitere Beweise für die politischen Motive und den
geleisteten Widerstand erbringen sollen. Überlebende der Edelweißpiraten,
wie Jean Jülich, Fritz Theilen und Gertrud Koch erzählten von ihren persönlichen
Erfahrungen als Widerstandskämpfer und von den tragischen Ereignissen
vor über 60 Jahren. Jean Jülich bekennt sich öffentlich zur Zugehörigkeit
der Edelweißpiraten, obwohl ihm der damalige Dezernent für das Amt zur
Anerkennung des Widerstandes nahegelegt hatte, dass er sich als intelligenter
Mann von dem Kreis der Edelweißpiraten distanzieren solle. "Die können
sagen, was sie wollen, ich bin und bleibe Edelweißpirat!" so Jülich.
Zum Teil wurden Wiedergutmachungsanträge der Angehörigen der Edelweißpiraten
abgelehnt. Wirges bemängelte den Begriff "Verstorbener" und machte auf
die Gefahr dieses Wortgebrauchs aufmerksam angesichts der Tatsache, dass
die jungen Leute ohne Verhandlung vom Naziregime ermordet wurden. Weiterhin
bemängelte er, dass die Anerkennung für den proletarischen Widerstand
ausbleibe, während "die Weiße Rose" als akademischer Verbund gefeiert
würde. Er und andere sind überzeugt, dass die Jugendlichen aus dem Arbeitermilieu
mit starkem moralischen [Ethos] bestückt waren und ihren Kampf ebenso
gut gegen die Nazi-Herrschaft leisteten. Mehr Informationen und Projekte
zur Arbeit der Edelweißpiraten findet man im EL-DE-Haus (NS-Dokumentationszentrum).
[Bildunterschrift:]
Zum Gedenken an die jugendlichen Widerstandskämpfer [gegen die] Nazi-Herrschaft,
die Edelweißpiraten, zog ein Lichterzug von der ehemaligen Synagoge bis
zu der Hinrichtungsstätte an der Bartholomäus-Schink-Straße. Künstler
und Politiker erinnerten an die mutigen Jugendlichen. (Foto: Danne) (da)
stillschweigende Korrekturen, Hinzufügungen
und Weglassungen in [ ]: Rolly Brings
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