FÜR WEN WIR SINGEN - VOL 3 - LIEDERMACHER IN DEUTSCHLAND
CD 7 - HEIMAT - DIALEKTE UND REGIONEN
Bear Family Records - Eine Kooperation mit Büchergilde
- 2007 - CD 7 - Seite 51ff
Rolly Brings
„"Der
Mann ist einfach ein Phänomen!"“
(Folker! 3/1998)
Rolly Brings
(Jahrgang 1943) war Seemann, Hilfsarbeiter, Maschinenschlosser, Lumpensammler
und Lehrer.
Er ist Lyriker und Liedermacher.
Seit nunmehr über 25 Jahren ist der Künstler
eine feste Größe in Köln.
Für den "Folker!" ist er einer der
"kreativsten Liedermacher Deutschlands".
Er schreibt und singt "voller Wortgewalt
in einer bildhaften, poetischen und hochpolitischen Lyrik.In einer Sprache, die einst aus dem rheinisch-ripuarischen
Idiom entstand und mit der heute eher Texte vermittelt werden, deren Inhalte
so sind, wie der Name des Dialektes impliziert: Kölsch Platt.“"
Wobei der Kölner seine Texte gegen den "Strich
der sprachlichen und inhaltlichen Verflachung bürstet“".
Und seine Programme mit Böll-, Bukowski- und
Apollinaire-Übersetzungen beweisen, dass man auf Kölsch auch hohe Literatur
machen kann.
Rolly Brings schreibt in der Sprache, in der
er spricht:
„"Im Laufe der Zeit hat sich für
mich herauskristallisiert, dass Mundart sprechen und sich darin ausdrücken
die Geschichte seiner Umgebung erfahren heißt - mundartlich überliefert
von älteren Leuten und der Nachbarschaft - und einen eminent politischen
Aspekt hat, weil Mundart eine überschaubare Bevölkerungs- oder Siedlungseinheit
repräsentiert" (FM folk-michel 4/1988).
Das Album "Irjendwo dovöre, wo de Stroß
ophöt ..." erschien 1983.
Für Rolly Brings zeigt jede Zeile des Refrains
im Titelsong "eine positive Folie, einen positiven Gegenentwurf zur
vorgefundenen, erlebten Gegenwart. Keine Kriege; der Frieden als Alltag; Kinder
und Alte gelten als Geschenke; die Arbeit füllt den Tag aus; kein Besitz
an Produktionsmitteln = keine Macht über die Produzierenden; Liebe und
Muße ...
Im wahrsten Sinne des Wortes ein ´utopos´’
, ein ´Nicht-Ort´’als Karte und Kompass.
Der Autor war und ist sich bewusst, dass dieser
Nicht-Ort nicht existiert, mithin nicht betreten werden kann:
Der Weg dorthin, das gemeinsame solidarische
Erarbeiten und Erkämpfen der einzelnen Etappen ist gemeint.
Nicht akzeptieren, was ist, sondern aufs Humane
hin befragen und verändern."
Warum auf Kölsch?
„"Was hier vor dem Hintergrund historischer,
philosophischer und religiöser Aneignung in einfachen Worten ausgedrückt
wird, wurde - und wird noch heute - von den Menschen meiner Sprachregion
als Tagtraum geträumt, als Wunsch gewünscht, also: auf Anhieb verstanden.
Nazi-Vergangenheit, alter und neuer Rassismus,
Arbeitslosigkeit, Immigrantenelend, Kriege erwähnt dieser Text nicht:
Auf dem Wege zur ´Heimat im Nicht-Ort´’
sind wir alle Fremde, aus dunkler Vergangenheit und zunehmend dunkler
werdenden Gegenwart kommend.
Das Auf-dem-Wege-Sein; solidarisches Denken,
Sprechen und Handeln über alle Grenzen hinweg ist nötig, um einzelne Etappen
als Vor-Scheine einer noch zu erarbeitenden Heimat zu orten und zu errichten.“"
Für Rolly Brings ist das im Lied angesprochene
Thema, vor mehr als 23 Jahren auf Kölsch niedergeschrieben, heute aktueller
denn je.
1986 schrieb Günter Wallraff in seinem Vorwort
zu Rolly Brings’´Liederbuch ´Für ein besseres Morgen´
Lieder auf Kölsch´:
„"In diesem Punkt ´träumen´
die Lieder ´ein Stück voran´, auf das zu, was Rolly Brings
als ´Heimat´’ versteht, die ohne die Solidarität und
den gemeinsamen Kampf der Unterdrückten und Entrechteten undenkbar ist.
Das ist ein Begriff von Heimat, der weit entfernt
ist von den Verschleierungsmanövern und Gefühlsduseleien, wie sie von
Wendepolitikern, aber auch von Sängern gleicher Gesinnung verbreitet werden,
und die nur bei einem bestimmten Alkoholpegel konsumierbar sein können.
Demgegenüber machen die Lieder dieses Buches
hellwach für die gesellschaftliche Wirklichkeit und die Hoffnungen, die
aus ihr erwachsen.“"
2004 erschien unter dem Titel "Och
dat, mi Hätz, es kölsch" eine Sammlung aller von Rolly Brings
zwischen 1971 und 2002 veröffentlichten Texte - im kölschen Original sowie
ins Hochdeutsche übertragene Versionen.
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