„ Rheinlandtaler vergeben"
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UND WELTMUSIK -04.07 SZENE - FOLK
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RHEINLANDTALER
VERGEBEN Am
23. Mai 2007 wurden dem Kölner Liedermacher Rolly Brings und den Edelweißpiraten
Gertrud Koch, [Peter Schäfer] und Jean Jülich im Landeshaus Köln-Deutz
der Rheinlandtaler verliehen, eine Auszeichnung, mit der der Landschaftsverband
Rheinland seit über 30 Jahren Menschen würdigt, die sich für die rheinische
Kulturpflege sowie um das multinationale und friedliche Zusammenleben
im Rheinland einsetzen. Auf wen träfe das mehr zu als auf Rolly Brings,
der sich seit Jahrzehnten auch dafür einsetzte, dass jene "Edelweißpiraten"
genannte Gruppe Kölner Jugendlicher endlich als politische Widerstandskämpfer
anerkannt wurde, was erst 2005 durch den Kölner Regierungspräsidenten
Jürgen Roters geschah. In seiner Laudatio hob Dr. Jürgen Wilhelm, der
Vorsitzende der Landschaftsversammlung Rheinland, besonders hervor,
dass Rolly Brings die Liebe zur kölschen Sprache nicht als Freibrief
für literarische Indifferenz und gesellschaftliche Standpunktlosigkeit
betrachte, sondern sich sozial und politisch engagiere: Denken Sie an seinen Einsatz um die Anerkennung
der Edelweißpiraten, denken Sie an seinen Beitrag zum Arsch-huh-Zäng-ussenander-Konzert
1992 auf dem Kölner Chlodwigplatz. Das große Konzert gegen Rassismus und Neonazis
am 9. November 1992, bei dem viele auf der Bühne und 100.000 vor der
Bühne mitmachten, war ein ganz besonderes Ereignis. Bekannte Künstler und Künstlerinnen aus Köln
machten mit, Journalisten und Schriftsteller. Von den Bläck Fööss bis BAP, von Anne Haigis,
Willy Millowitsch bis Rolly Brings. Und - was aus politischer Perspektive vielleicht
nicht gar so bedeutsam ist, aus rheinländischer Sicht aber sehr wohl
ins Gewicht fällt: Kölsch war die Sprache des Protestes gegen Rassenwahn
und Krieg. (...) Im November 1998 organisierte Rolly Brings gemeinsam
mit Freunden die Gedenk- und Mahnveranstaltung "Domols, hück un
morje ...? Als vor 60 Jahren die Synagogen brannten". Kölsch ist die Ausdrucksform seines Engagements.
(...) Rolly Brings, aufgewachsen in Köln-Ehrenfeld,
tritt seit Jahrzehnten engagiert gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit
in seiner Vaterstadt auf. Vaterstadt, Muttersprache und Bürgercourage
- für Rolly Brings gehören sie untrennbar zusammen. Gertrud Koch, [Peter Schäfer] und Jean Jülich
gehörten in ihrer Jugend in den Endjahren der nationalsozialistischen
Herrschaft in Köln zu jugendlichen Gruppierungen, für die sich der Name
"Edelweißpiraten" eingebürgert hat, über die der Historiker
Dr. Martin Rüther vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln in einem
Zeitungsinterview von 2004 das Fazit formulierte: Es wäre im Sinne der damaligen jugendlichen
Protestierer, "wenn man sie endlich als das begreifen und für das
ehren würde, was sie waren: Die Verleihung des Rheinlandtalers bezog sich
insbesondere auf die Verdienste der drei Preisträger in den letzten
Jahren, in denen die Geehrten, so Dr. Wilhelm, in Schulen und bei öffentlichen
Veranstaltungen zu Gast [waren], um als Zeitzeugen über ihre Zeit als
"Edelweißpiraten" und ihre Auseinandersetzung mit dem NS-Staat
zu berichten. Zudem haben sich Frau Gertrud Koch in ihrem
2006 erschienenen Buch "Edelweiß. Meine Jugend als Widerstandskämpferin "
und Herr Jean Jülich in seinem 2003 publizierten Erinnerungsbuch "Kohldampf,
Knast un Kamelle" auch in dieser Form mit ihrer Vergangenheit und
der Erinnerung daran auseinandergesetzt. (...) Neben diesen Buchbeiträgen ist aber gerade das
Auftreten als Zeitzeugin oder Zeitzeuge in Schulen, bei Jugendverbänden
und bei sonstigen Veranstaltungen besonders wichtig, denn gerade dieser
direkte Zugang zu teilweise schrecklichen Erlebnissen hat eine besondere
Kraft und Bedeutung und wir wissen alle, dass diese Form der erinnerten
Rückbesinnung auf das so genannte "Dritte Reich" und seinen
Terror immer seltener zu erleben sein wird. Uli Joosten |