“Lyrik"
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Kölner Stadt-Anzeiger – Am Wochenende – Magazin – Samstag / Sonntag, 12. / 13. Dezember 2009 – Nr. 290 – Seite 21

LYRIK

Es krächzt der Geldhahn im Reim

Hochaktuell reagiert die Zeitschrift „Das Gedicht“ auf die Wirtschaftskrise: „Fürchte dich nicht – spiele!“ heißt ihr Motto 2009. Viele der 77 Lyriker, die 99 Gedichte für diesen 17. Jahrgang beisteuern, nehmen es höchst kreativ auf. „Streichle das Blatt / küsse den Hund / tröste das Holz / hüte den Mund / zähme den Kamm / reime die Lust ...“, so hebt Ilma Rakusa an. Und Alex Dreppec spottet: „Der Geldhahn / krächzt die letzte Note. / Nur Mut: deshalb verkauft man / doch den Drittwagen nicht. „ Die Herausgeber Anton G. Leitner und Friedrich Ani (ja, der „Tatort“-Ani, der schöne Gedichte schreibt) haben auch Treibhaus-Farbiges von Friederike Mayröcker, Freches von Helmut Krausser und köstlich Sprachspielerisches von Gerhard Rühm eingewoben. Obendrein bieten sie erstaunliche Angstgedichte von Kindern und betrachtende Essays.

Etliche Autoren kehren in Axel Kutschs neuer Anthologie „Versnetze zwei“ wieder, die 200 Lyriker zwischen 27 und 90 versammelt. Kutsch gliedert regional. Köln, Berlin, Leipzig, allenfalls noch München und Umgebung heben sich als auffällige Zentren heraus. Begabung überall, Meisterschaft mitunter, doch fällt die Lektüre manchmal schwer mangels Strukturen, die der Lyrik gemäß wären. Wer mit Geduld und Spucke nach Kostbarkeiten sucht, wird oft belohnt.

So gibt es vier pfiffige Gedichte von Franz Hodjak, den subtilen Blick auf eine Stubenfliege von Rolly Brings, die robuste „Regenwald“-Variante aus dem Bergischen von Enno Stahl, einem anderen Kölner, grundsätzliche Lebensnachdenklichkeit von Manfred Enzensperger aus Leverkusen oder Kutschs erheiternde Empfehlung, wie ein Gedicht zu lesen sei. Zweifache Botschaft aus einem lebendigen Lyrikland.

(RH)

Das Gedicht“, Anton G. Leitner Verlag, Weßling. 165 Seiten, 12 Euro

Versnetze zwei – Deutsche Lyrik der Gegenwart“, Verlag Ralf Liebe, Weilerswist. 318 Seiten, 20 Euro

 

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