„Trauer um "Schang“ |
Kölnische Rundschau – Donnerstag, 17. November 2011
Trauer um „Schang“Gedenkfeier für die Kölner EdelweißpiratenAn jüngst verstorbenen Jean Jülich erinnert
Von HANS-WILLI-HERMANS
EHRENFELD. Noch emotionaler als in all den Jahren zuvor verlief diesmal die Gedenkveranstaltung anlässlich der Ermordung der Ehrenfelder Edelweißpiraten. Denn einer fehlte. Als die mehr als 200 Teilnehmer am Schweigemarsch zum Mahnmal für die Edelweißpiraten [und die am 25. Oktober 1944 ermordeten Zwangsarbeiter] in der Bartholomäus-Schink-Straße eintrafen, sahen sie auf der kleinen Bühne ein großes Foto: Verschmitzt lächelnd war dort Jean Jülich porträtiert, einer der bekanntesten unter den Edelweißpiraten, die die Nazi-Zeit überlebt hatten. Jülich war kürzlich, am 19. Oktober, verstorben. Als „unermüdlichen Kämpfer gegen den Faschismus und die Schreckensherrschaft des Nazi-Regimes, als einen, der dabei so kölsch war, wie er es nur sein konnte“, ehrte Josef Wirges, Bezirksbürgermeister von Ehrenfeld, den Verstorbenen und schickte ihm einen Gruß nach: „Maach et jot, Schang.“ Sichtlich aufgewühlt war auch Andreas Hupke, Bezirksbürgermeister der Innenstadt, der wie seine Lindenthaler Kollegin Helga Blömer-Frerker den Weg nach Ehrenfeld gefunden hatte. Hupke nannte Jean Jülich ein Vorbild an Zivilcourage, „mit all seiner Nachdenklichkeit und Heiterkeit“, und erinnerte daran, dass es ein wichtiges Zeichen war, als dieser ehemalige Teil der Hüttenstraße nach Bartholomäus Schink benannt wurde. Hier waren am 10. November 1944 dreizehn Deutsche, darunter einige Edelweißpiraten, von der Gestapo ohne Gerichtsurteil [gehenkt] worden. Schink mit seinen 16 Jahren war [einer der Jüngsten] der damals ermordeten Edelweißpiraten. Überraschend trat danach OB Jürgen Roters auf die Bühne. Er betonte, ein Gemeinwesen brauche „immer wieder Menschen, die den Mut haben, sich nicht anzupassen, nicht mitzuschwimmen, die ihrem Gewissen folgen.“ Als Zeichen gegen Ausländerfeindlichkeit und für Zusammenhalt und Integration müsse die Ehrenfelder Moschee daher „wie geplant realisiert werden.“ Nach seiner Ansprache wurde Roters von Rolly Brings, der bereits mit seiner „Bänd“ wartete, zu einem Stuhl auf der Bühne geführt, so dass er zwischen den beiden Edelweißpiraten Fritz Theilen und Wolfgang Schwarz saß. Eine Tasse Tee gab’s auch: „Schließlich hat Jürgen Roters, als er noch Regierungspräsident war, die Edelweißpiraten als Widerständler anerkannt“ so Brings. „Wir müssen uns diesen OB warm halten.“ Es folgten, wie in jedem Jahr, dem Anlass entsprechende Lieder und Rezitationen. Da der Gedenktag für die Edelweißpiraten [und Zwangsarbeiter] unmittelbar auf den 9. November folgt, jenem Tag also, als im Jahre 1938 während der Pogromnacht überall in Deutschland Synagogen brannten, beginnt der Schweigemarsch stets am früheren Standort der Synagoge in der Körnerstraße. Vor dem offiziellen Beginn traf man sich allerdings noch im Inneren des Hochbunkers nebenan, wo Winfried Kirches und Thomas Grube – auch unter den Künstlernamen „Kirchesban.de“ und „tOM Sonnentrommler“ bekannt – ihre gemeinsame Aktion „bOM!“ aufführten. Grund: die Bundesanstalt für Immobilienvermögen möchte den Hochbunker verkaufen, der bislang Ausstellungen und anderen Kunstveranstaltungen vorbehalten ist. „Wir möchten den Bunker gern für die Kunst erhalten“, stellte Josef Wirges klar und kündigte an: „Es ist zu überlegen, ob die Stadt ihn nicht ankaufen könnte. Auf der nächsten Sitzung der Bezirksvertretung am 28. November gibt’s dazu eine Aktuelle Stunde.“
[Text unter dem Foto von HERMANS]: Der ‚’Schang’’ in der Mitte – Rolly Brings und „Bänd“ [= Wolfgang Klinger / Gitarre / Pete Haaser / Akkordeon / Stephan Brings / Bass] während der Gedenkfeier.
[ ... ] Ergänzungen und Korrekturen in eckigen Klammern: R.B.
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