Köln Nachrichten – 30. 11. 2012 – 17:30 von: (ehu)
Preisträger Rolly Brings bedankt sich mit Musik
Einen unüblichen Verlauf nahm die Verleihung des Giesberts-Lewin-Preises am Donnerstagabend im Käthe-Kollwitz-Museum:
Statt der üblichen Dankesrede gab Rolly Brings mit seinem Trio [Wolfgang Klinger, Helmut Kraus] ein Dank-Konzert.
Das lag durchaus nahe und seine Texte über Faschismus damals und heute machten zugleich deutlich, warum er ausgezeichnet wurde.
"Der Musiker und Autor setzt sich seit Jahrzehnten mit den Folgen des Nationalsozialismus auseinander.
Er engagiert sich als Künstler und Pädagoge für eine soziale Demokratie ohne Diskriminierung von Minderheiten", begründete Jürgen Wilhelm die Entscheidung für den 69 Jahre alten Kölner.
Der Vorsitzende der "Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit" betonte in seiner Rede Brings' "zukunftsorientierte" Tätigkeit als Lehrer, wenn er an die Verbrechen des Nationalsozialismus erinnere und zugleich vor dem neuen Faschismus und seinen Ausformungen warne.
Die Rehabilitation der Edelweißpiraten ist auch dem Ex-Lehrer zu verdanken
Damit hat sich Brings nicht immer nur Freunde gemacht.
So wurde er [Ende der 70er Jahre] von Eltern und dem zuständigen Schulrat beschuldigt, er setze sich für "Kriminelle und Vorbestrafte" ein, als er sich auch bei seinen Schülern für eine Rehabilitierung der überlebenden Edelweißpiraten einsetzte [und diese in seinen Unterricht einlud, als Widerstandskämpfer Zeitzeugenschaft zu geben].
Bis heute ist er die "zentrale Triebkraft" – so Wilhelm – für die jährliche Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an die Ermordung der Zwangsarbeiter und Edelweißpiraten am Mahnmal in der Bartholomäus-Schink-Straße.
Wilhelm wies auch auf die starken rechts-extremen und rassistischen Einstellungen in der deutschen Bevölkerung hin, die gerade erst eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung festgestellt hat.
Dabei sparte er auch nicht mit Medienkritik und nannte als Beispiel Beiträge der Frankfurter Allgemeinen (FAZ) und des Kölner Stadt-Anzeigers, in denen mit antisemitischen Vorurteilen und Nazi-Begriffen argumentiert wurde.
Auch Rolly Brings hat ein stetes Auge auf aktuellen Antisemitismus und nannte als Beispiel Walter Hermanns.
Der habe an seiner Klagemauer eine Hetzkarikatur im "Stürmer"-Stil gezeigt und erst auf seinen Einspruch hin abgehängt.
Ausgezeichnet wird, wer Demokratie und interkulturelle Toleranz fördert
Benannt ist die Auszeichnung nach Johannes Giesberts, der von 1952 bis 1974 in Köln das Amt des Schuldezernenten inne hatte, und dem israelischen Kulturattaché Shaul Lewin.
Beide bauten den deutsch-israelischen Jugendaustausch maßgeblich aus.
Ausgezeichnet werden mit der Plastik des verstorbenen Bildhauers Ansgar Nierhoff Personen, die sich um die Aufarbeitung der Nazizeit und die Verwirklichung der Menschenrechte verdient gemacht haben.
Rolly Brings ist der siebte Preisträger; vor ihm erhielten ihn unter anderem der "Stolperstein"-Begründer Gunter Demnig, der Schriftsteller Ralph Giordano, Ex-Bundesinnenminister Gerhart Baum und im vorigen Jahr die Nazi-Jägerin Beate Klarsfeld.
[Text unter dem Foto von ehu]:
Jürgen Wilhelm und Rolly Brings fügen die Preisplastik von Ansgar Nierhoff als Symbol für tolerantes Miteinander zusammen.
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