„Familien-Klaaf zu Musik gemacht
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Kölnische Rundschau - STADTTEILE – Donnerstag, 30. Oktober 2014 – Seite 40

Familien-Klaaf zu Musik gemacht

Rolly Brings rezitierte und besang mit Bänd kölsche Redensarten

VON HOLGER HOECK

Neustadt-Süd. Wie schnell doch eine Stunde vergehen kann.
Zu diesem Fazit kamen einige Besucher der stimmungsvollen kölschen Lesung mit Musik von Rolly Brings und seiner Bänd in der Maternus-Buchhandlung, als sie das Geschäft froh gelaunt verließen.
Der gelegentlich auch zur „Ikone der kölschen Liedermacher“ ernannte 71-jährige Brings hatte sich zuvor ein abwechslungsreiches und stimmungsvolles Programm für seinen dritten kostenfreien Auftritt im Buchladen ausgedacht.
Während er mit seinen vier Bänd-Mitgliedern *) in insgesamt zehn Liedern unter anderen den Blücherpark und „et ahle Wiev vum Ihrefeld“ besang oder musikalisch die Rhein-Promenade entlang spazierte, rezitierte er zwischen den Gesangsbeiträgen abwechselnd mit Bassist Helmut Kraus Episoden aus seinem Buch „Lück sin och Minsche“, das er 2008 gemeinsam mit der Sprachwissenschaftlerin Dr. Christa Bhatt veröffentlichte.
Annähernd 50 Jahre hatte sich der Kölner Lyriker und Komponist unzählige Redensarten und Sprichwörter notiert, die seine Familienmitglieder, aber auch Freunde und Verwandte in ihrer urkölschen Sprache verbalisiert hatten.
Nachdem er die besten Auszüge dieser Lebensweisheiten thematisch geordnet hatte, verpackte er die verbliebenen 3000 Sprüche in Form eines Theaterstücks und gliederte sie in sechs Akte mit Prolog, einem aus Kinderreimen, Rätseln und Straßensprüchen bestehenden Intermezzo sowie einem Epilog als Schlusskapitel.
Sein über 300 Seiten umfassendes Werk beginnt Rolly Brings mit einer Präsentation in vier Bildern, die Auskunft über die Personen und Situationen für seine künstlerische Inspiration geben, überhaupt mit der Sammlung kölscher Sprichwörter und Aphorismen begonnen zu haben.
Nachdem sich Brings im Prolog selbst zum „kölschen Euripides“ ernannt hat, hebt sich der Vorhang und die literarische Inszenierung wir mit den beiden Auftritten „Minsch“ und „Lück“ des ersten Akts eröffnet.
Am Ende der schriftstellerischen Aufführung, die von Christa Bhatt gemäß ihres Buchs der „Kölschen Schreibregeln“ orthographisch vereinheitlicht wurde, wird der Leser überzeugt sein, dass Kölsch gut ist für Philosophie, Theologie, Staatslehre und Psychologie.
Und er wird befähigt sein, kölsche Gelehrtheiten in die Welt hinaustragen zu können, dass man beispielsweise Frauen einfach nicht durchschauen kann, „och wenn se us Glas wöre“, und dass die Welt eine große Schaubühne ist, „ävver uns Rolle schlääch verdeilt sin“.
Und weil nicht jeder, der in Köln lebt, auch die Mundart verseht, gibt es alle Texte im kölschen „Drama des Lebens“ auch in hochdeutscher Übersetzung.

[Text unter dem Foto von Hoeck]:
Immer wieder kölsche Tön: Rolly Brings (M) und Bänd sorgten für einen kurzweiligen Abend.
*) [v. l. n. r.: Klaus Strenge, Benjamin Brings, Rolly Brings, Helmut Kraus, Wolfgang Klinger]

Rolly Brings
Christa Bhatt
Lück sin och Minsche
Kölner Redensarten
Herausgegeben von der Akademie för uns kölsche Sproch
Der SK Stiftung Kultur

Greven Verlag Köln, 2008
Zweite Auflage, 2014
ISBN 978-3-7743-0632-5

www.greven-verlag.de

 

 

 

 

 

 

 

„Ihr habt hier ein Heimspiel, macht was ihr wollt mit uns.“
Wie ein Familienmitglied begrüßte Willi Does vom Vorstand der Emmaus-Gemeinschaft Köln den Liedermacher Rolly Brings und seine „Bänd“ zum Benefizkonzert im Möbellager an der Geestemünder Straße.
Zu Recht, denn der Musiker * war vor 45 Jahren der Vorgänger von Does in dem derzeit vierköpfigen Vorstand des Trägervereins.

Projekt in der Ukraine unterstützen

„Vor einer Stunde haben wir hier noch Möbel verkauft“, erzählte Does den Konzertbesuchern.
Im Handumdrehen hatten die rund 30 Angehörigen der Gemeinschaft mit gebrauchten Sofas und Stühlen zwischen beiseite gerückten Schränken einen Zuschauerraum gebaut und ein Bühnenpodest aufgestellt.
In der ehemaligen Werkshalle einer Hydraulikfabrik im Niehler Gewerbegebiet hatte eine solch improvisierte Spielstätte Charme.
Rolly Brings & Bänd – „Band mit Pünktchen geschrieben, wir können ja schließlich Englisch“, scherzte der Frontmann – gaben nicht zum ersten Mal ein Benefizkonzert für die Ukraine in der Möbelhalle.
Diesmal brachte der kölsche Liedermacher den Bassisten Helmut Kraus, seinen Sohn Benjamin Brings am Schlagzeug und die beiden Gitarristen Wolfgang Klinger und Klaus Strenge mit.
Für ein Projekt in der Ukraine hatte die Emmaus-Gemeinschaft Köln – eine von nur noch drei in Deutschland, die anderen befinden sich in Krefeld und Sonsbeck – nicht zum ersten Mal ein Benefizkonzert ausgerichtet.
Denn in Lwiw, früher Lemberg, existiert eine Partnergemeinschaft.
Sie hat ein Haus angemietet für medizinische Versorgung und betreibt eine Kleiderkammer.
Does legte den Anwesenden ans Herz, sobald sich die Lage in der Ukraine beruhigt hat, nach Lwiw zu reisen, wegen der „beeindruckenden Architektur“ der Stadt.
„Gemeinsam leben, arbeiten, helfen“ ist das Leitwort der Emmaus-Bewegung.
Hilfe zur Selbsthilfe ist das Ziel.
Die Gemeinschaft steht jedem Menschen offen, ungeachtet von Herkunft, Vergangenheit, Religion oder politischen Ansichten.
„Die einen finden bei uns ein Dach über dem Kopf, die anderen einen Weg aus der Anonymität und Isolation, wieder andere die Verwirklichung eines Lebensstils“, stellt sich die Gemeinschaft auf ihrer Internetdomäne vor.
Rolly Brings ließ in seine Ansagen aber auch Gesellschaftskritik einfließen.
Er hoffe, „mit humorvollen, hinterlistigen Liedern etwas zu bewirken“.
Doch mehr noch als das und Geldspenden für die Ukraine wünschte er sich, dass die Konzertbesucher mitsingen.
Es ging an diesem Abend in erster Linie um die Menschen vor Ort.
Obwohl die Emmaus-Gemeinschaft, die der französische Weltgeistliche Abbé Pierre 1949 ins Leben rief, eine nicht-kirchliche Organisation ist, geht ihr Name doch auf eine Bibelgeschichte im Lukas-Evangelium zurück.
So passten die Lieder von Rolly Brings aus seinem Programm „Adam & Eva“ auch zu der Wertschätzung aller Menschen in der Emmaus-Bewegung.
Da geraten zum Beispiel in der „Trümmerkokett“ nach einem Text von Heinrich Böll eine schöne und eine „schäle“ Madonna in der Kirche St. Maria im Kapitol in einen Streit – und die Sympathie liegt bei der Schälen.
Weitere Lieder sind aus dem Leben gegriffen.
Ich ben besoffe vun dir“, besingt ein Vater die Vernarrtheit in die kleine Tochter.

[Text unter dem Foto von WEINERT]:
Gut gelaunt und engagiert:
Rolly Brings & Bänd sorgten für einen kurzweiligen Abend.

[* Rolly Brings war von 1968 bis 1969 Leiter der Emmaus-Gemeinschaft in Köln-Bocklemünd.]

www.emmaus-koeln.de

www.rollybrings.de (Bilder – EMMAUS wird 55)

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