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Die Songs

Barrikad om Aldemaat / Barrikade auf dem Alter Markt

(25. - 26. September 1848)

Moll, einer der beliebtesten Führer des Arbeitervereins, sollte verhaftet werden. Schapper und Becker waren schon verhaftet. Man hatte zur Ausführung dieser Maßregeln einen Montag gewählt, einen Tag also, an dem bekanntlich der größte Teil der (kölnischen) Arbeiter unbeschäftigt ist. Man mußte also vorher wissen, daß die Verhaftungen große Gärungen unter den Arbeitern hervorrufen und selbst zu gewalttätigem Widerstand die Veranlassung bieten konnten. Sonderbarer Zufall, der diese Verhaftungen gerade auf einen Montag fallen ließ! Die Aufregung war um so leichter vorherzusehen, als bei Gelegenheit des Steinschen Armeebefehls, nach Wrangels Proklamation und Pfuels Ernennung zum Ministerpräsidenten jeden Augenblick ein entscheidender, kontrerevolutionärer Schlag, also eine Revolution von Berlin aus erwartet wurde. Die Arbeiter mußten daher die Verhaftungen nicht als gerichtliche, sondern als p o l i t i s c h e Maßregeln betrachten. In der Prokuratur sahen sie nur noch eine kontrerevolutionäre Behörde. Sie glaubten, daß man sie am Vorabend wichtiger Ereignisse ihrer Führer berauben wolle. Sie beschlossen, Moll um jeden Preis der Verhaftung zu entziehen. Und sie verließen erst den Kampfplatz, nachdem sie ihren Zweck erreicht hatten. Die Barrikade wurde erst gebaut, als die auf dem Altenmarkt versammelten Arbeiter erfuhren, daß von allen Seiten das Militär zum Angriff anrücke. Sie wurden nicht angegriffen; sie hatten sich also auch nicht zu verteidigen. Zudem war ihnen bekannt geworden, daß aus Berlin durchaus keine gewichtigen Nachrichten eingetroffen (waren). Sie zogen sich also zurück, nachdem sie einen großen Teil der Nacht hindurch vergebens einen Feind erwartet hatten.

Nichts lächerlicher daher als der Vorwurf der Feigheit, den man den kölnischen Arbeitern gemacht hat.

Geschrieben von Karl Marx, in: MEW, Bd. 5, S. 419 f

 

Barrikad om Aldemaat

(25. - 26. September 1848)

Versammlung he om Aldemaat.
D’r Moll soll en d’r Knaß?! Na, waat!
Jo, hat ehr dann nit üvverlat?
Des Mondaachs weed doch blau jemaat!
Vill Arbeitslück om Aldemaat
Baue flöck en Barrikad.
D’r Moll soll en d’r Knaß?! Na, waat!
Uns Antwoot es en Barrikad.
En Barrikad om Aldemaat.
Verjevvens op d’r Preuß jewaat.
Noh’m "Kranz" jejange. Lapp jeschwat.
Kölsch jedrunke. E Spill jemaat.
Hät dem Weet jet enjebraat.
De halve Naach jeschwat, jewaat.
D’r Preuß kom nit zor Barrikad.
Drieß op Preuß un Barrikad.
Noh Huus jejange. En et Bett jelat.
Naach, Barrikad. Naach,Aldemaat.
En d’r Zeidung* hät d’r Marx jesaat:
Ehr Kölsche, hat ehr jot jemaat.
Om Aldemaat uns Barrikad
Hät die Preuße bang jemaat.
Uns Barrikad om Aldemaat.

Text und Musik: Rolly Brings (Dezember 1997)

Barrikade auf dem Alter Markt

(25. - 26. September 1848)

Versammlung hier auf dem Alter Markt.
Der Moll soll in den Knast?! Na, wartet!
Ja, habt ihr denn nicht überlegt?
Des Montags wird doch blau gemacht!
Viele Arbeiter auf dem Alter Markt
Bauen schnell eine Barrikade.
Der Moll soll in den Knast?! Na, wartet!
Unsere Antwort ist eine Barrikade.
Eine Barrikade auf dem Alter Markt.
Vergebens auf den Preußen gewartet.
Zum "Kranz" gegangen, schwadroniert.
Kölsch getrunken. Ein Spiel gemacht.
Hat dem Wirt was eingebracht.
Die halbe Nacht schwadroniert, gewartet.
Der Preuße kam nicht zur Barrikade.
Scheiß auf Preuß’ und Barrikade.
Nach Hause gegangen. Ins Bett gelegt.
Nacht, Barrikade. Nacht, Alter Markt.
In der Zeitung* hat der Marx gesagt:
Ihr Kölner, das habt ihr gut gemacht.
Auf dem Alter Markt unsere Barrikade
Hat die Preußen bang gemacht.
Unsere Barrikade auf dem Alter Markt.

Übertragung des kölschen Originals ins Hochdeutsche: Rolly Brings (Dezember 1997)

 

 

* Gemeint ist die "Neue Rheinische Zeitung" Nr. 115 vom 13. Oktober 1848

S t e i n s c h e r  A r m e e b e f e h l : Am 3. August 1848 war es in der Festung Schweidnitz zu einem Feuerüberfall von Festungstruppen auf die Bürgerwehr gekommen, wobei 14 Bürger getötet wurden. Durch dieses immer reaktionärere Auftreten preußischer Truppen veranlaßt, nahm die preußische Nationalversammlung am 9. August, unter Einbeziehung einiger Abän-derungsvorschläge einen Antrag des Abgeordneten Stein mit folgendem Wortlaut an: "Der Herr Kriegsminister möge in einem Erlaß an die Armee sich dahingehend aussprechen, daß die Offiziere allen reaktionären Bestrebungen fernbleiben, nicht nur Konflikte jeglicher Art mit dem Zivil vermeiden, sondern durch Annäherung an die Bürger und Vereinigung mit denselben zeigen, daß sie mit Aufrichtigkeit und Hingebung an der Verwirklichung eines konstitutionellen Rechtszustandes mitarbeiten wollen, und es denjenigen Offizieren, mit deren politischen Überzeugungen dies nicht vereinbar ist, zur Ehrenpflicht machen, aus der Armee auszutreten." Der Kriegsminister Schreckenstein erließ trotz des Beschlusses der Versammlung keinen derartigen Befehl. Deshalb wiederholte Stein seinen Antrag in der Sitzung der Nationalversammlung vom 7. September; die Mehrheit der Abgeordneten schloß sich der Aufforderung an das Ministerium an, diesen Beschluß schnellstens auszu-führen. Infolge dieses Abstimmungsergebnisses nahm das Ministerium Auerswald-Hansemann seinen Abschied. In der Zeit des folgenden Ministeriums Pfuel wurde der Befehl schließlich in abgeschwächter Form gegeben, blieb aber nur auf dem Papier.

W r a n g e l s P r o k l a m a t i o n : Der kommandierende General des Brandenburger Wehrbezirks, Wrangel, erließ am 17. September 1848 einen Armeebefehl, der zeigte, daß die preußische Militärclique beabsichtigte, zum offenen Angriff auf die Errungenschaften der Revolution überzugehen. Wrangel betont darin, daß es seine Aufgabe sei, die "öffentliche Ruhe" aufrechtzuerhalten, und droht den "Elementen, welche zur Ungesetzlichkeit verführen wollen". Der Befehl schließt mit der Auffordeung an die Soldaten, sich fest um ihre Offiziere und den König zu scharen.

P f u e l s E r n e n n u n g z u m M i n i s t e r p r ä s i d e n t e n : Nach dem Erlaß Friedrich Wilhelms IV. Vom 21. September 1848 wurde das Ministerium Pfuel in folgender Zusammensetzung gebildet: von Pfuel, Ministerpräsident; Eichmann, Minister des Inneren; von Bonin, Finanzminister; Graf von Dönhoff, Minister des Äußern; Müller, Justizminister. Es war ein Ministerium von reaktionären Beamten und Offizieren, das zum Schein den Wünschen der Nationalversammlung entgegenkam, unterdessen aber offen die Kräfte der Konterrevolution organisierte. Nach dem Fall von Wien wurde das Ministerium Pfuel am 8. November durch das Ministerium des Grafen von Brandenburg ersetzt, das den konterrevolutionären Staatsstreich (Belagerungszustand in Berlin, Auflösung der Bürgerwehr und der Nationalversammlung) durchführte.

A r b e i t e r v e r e i n : Der Kölner Arbeiterverein wurde am 13. April 1848 von dem Mitglied der Kölner Gemeinde des Bundes der Kommunisten Gottschalck gegründet. Der Verein, der Mitte April ungefähr 300 Mitglieder zählte, war Anfang Mai bereits auf 5000 Mitglieder angewachsen, deren Mehrheit Arbeiter und Handwerker waren. An der Spitze des Vereins stand ein Präsident und ein Komitee, dem Vertreter verschiedener Berufe ange-hörten. Das Presseorgan des Vereins war die "Zeitung des Arbeiter-Vereins zu Köln" und ab 26. Oktober 1848 die Zeitung "Freiheit, Brüderlichkeit, Arbeit". Der Kölner Arbeiter-verein besaß in der Stadt eine Reihe von Filialen. Nach der Verhaftung Gottschalcks wurde am 6. Juli Moll zum Präsidenten gewählt, der dieses Amt bis zu den Septemberereignissen in Köln innehatte und dann infolge der drohenden Verhaftung emigrieren mußte.

Am 16. Oktober 1848 übernahm Marx auf Bitten der Arbeiter vorübergehend die Präsidentschaft, ihm folgte am 28. Februar 1849 Schapper, der diese Funktion bis Ende Mai 1849 bekleidete. Die meisten Führer des Arbeitervereins (Gottschalck, Anneke, Schapper, Moll, Leßner, Jansen, Röser, Nothjung, Bedorf) waren Mitglieder des Bundes der Kommunisten.

Zitiert nach MEW, Bd. 5, Anhang und Register / Anmerkungen, S. 505 ff

 


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